Zur Diskussion über die Freihandelsabkommen TTIP und CETA hat das Forum für Politik und Kultur am vergangenen Donnerstagabend in den Barsinghäuser ASB-Bahnhof eingeladen. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Matthias Miersch diskutierte in dem von Silvia Bethe moderierten Gespräch mit seiner Kollegin von der CDU Maria Flachsbarth. Dabei waren die Positionen, wie mit den Handelsabkommen neuer Art umzugehen ist, sehr unterschiedlich.

Matthias Miersch sieht im Gegensatz zu Maria Flachsbarth das Abkommen TTIP mit den USA als gescheitert an, weil die Positionen der Verhandlungspartner zu weit auseinanderlägen und die Kompromissbereitschaft keine sinnvolle Einigung erwarten lässt. „TTIP ist mausetot, aber es wird so getan, als ob es noch lebt.“

In Bezug auf das CETA-Abkommen beschrieb Matthias Miersch eingangs die vier zentralen Punkte, die in dem vorliegenden Vertragstext aus seiner Sicht dringend geändert werden müssen, damit CETA zustimmungsfähig wird, und in welchen er die vom SPD-Parteitag gezogenen roten Linien für überschritten hält.

Wichtig sei den in der EU üblichen Vorsorgegrundsatz in CETA zu halten. Danach dürfen bestimmte Produkte erst auf den Markt, wenn ihre Unbedenklichkeit nachgewiesen ist.

Zudem wirbt Miersch dafür im CETA-Anhang den sogenannten Positiv-Listen-Ansatz zu wählen. Derzeit ist ein Negativ-Listen-Ansatz gewählt, nach welchen alle Bereiche unter CETA fallen, die nicht in der Negativ-Liste aufgeführt sind. Mierschs Bedenken beziehen sich hier insbesondere auf die genaue Auslegung einzelner Begriffe sowie auf das Unbehagen, dass neue Dienstleistungen, die wir heute noch nicht kennen, beim Negativ-Listen-Ansatz automatisch von CETA umfasst wären.

Weiteren Handlungsbedarf sieht Miersch beim „Gemischten CETA-Ausschuss“. Dieses Gremium, bei dem außer dem EU-Handelskommissar und dem kanadischen Handelsminister nicht klar ist, wer in das Gremium berufen wird, soll nach dem derzeitigen Entwurf verbindliche Auslegungen des Vertrages festlegen und diesen weiterentwickeln. Wegen der mangelnden Gewaltenteilung – sowohl exekutive als auch judikative Bereiche werden betroffen – und Zweifeln, ob unrechtmäßig in Kompetenzen der Mitgliedsstaaten eingegriffen wird, sieht Miersch den „Gemischten Ausschuss“ sehr kritisch.

Darüber hinaus stört sich Matthias Miersch an unbestimmten Rechtsbegriffen wie etwa „faire und gerechte Behandlung“. Es seien genau diese Begriffe, die in anderen Abkommen zu erheblichen Schadensersatzforderungen von Konzernen gegen Staaten geführt hätten, nur, weil diese von ihrem Recht auf Regulierung Gebrauch gemacht hätten.

Das Dogma, dass jede Regulierung per se schlecht sei und Parlamente sich dafür rechtfertigen müssten, wenn sie etwa Regelungen für Verbraucher- und Umweltschutz erlassen, sei nicht akzeptabel.

Jetzt sei die Stunde der Parlamente gekommen, um CETA „die Giftzähne zu ziehen“!

Es war eine Diskussion auf sehr hohem Niveau. Trotz sehr unterschiedlicher Standpunkte gingen beide Diskutierenden sowie die Moderatorin sehr fair miteinander um, sodass ein sachlicher Gedankenaustausch im Vordergrund stand.

2016 09 15 Forum Für Poltik Und Kultur Barsinghausen Ceta
V.r.n.l.: Dr. Matthias Miersch, Silvia Bethe und Dr. Maria Flachsbarth